Interview in der Szene Hamburg, August-Heft
von Heiko Kammerhoff
Wie sind die Organisatoren von Kampnagel auf Sie gekommen, um das Festivalgelände zu gestalten?
Ich arbeite mit dem Festivalleiter Matthias von Hartz seit über zehn Jahren zusammen, und wir haben gemeinsam die ersten Versuche in Richtung politisch orientiertes Theater gemacht. Wir haben eine ähnliche Auffassung davon, wie wichtig es ist, auch eine Information an den Zuschauer weiterzugeben und es nicht einfach nur plakativ und schön zu haben.
Wie geht man an eine solche Aufgabe?
Ich kenne Kampnagel noch, als es auf dem Grasland stand und die Hallen noch kein Zentralfoyer hatten – alles sah eigentlich aus wie eine riesige Abrissbude. Ich habe es damals sehr geliebt, auch die Flohmärkte und die ganzen Aktivitäten, die auf dem Gelände stattfanden. Als der Medienkomplex hochgezogen wurde, sah man gar nicht mehr, wie schön es liegt – am Ufer, mit dem Kanal und den Bäumen. Den Eingang wieder nach außen zu setzen, das fand ich eine super Idee. Und ich habe mich kopfüber hineingestürzt.
Wie gelingt die Anbindung ans Festival?
Es ist uns sehr wichtig, dass auch die Außengestaltung fundiert ist, eine Logik hat und nicht nur nette Dekoration ist. Beim Festival geht es um unsere heutige Welt in ihrer heutigen Situation. Da ist ein bestimmtes Umweltbewusstsein sehr groß geschrieben, ein bestimmter Umgang mit Menschen, mit Rohstoffen, der Natur, mit dem Umfeld. Dadurch wird natürlich die Entwicklung einer so großen Fläche auf einmal sehr kleinteilig, wenn man bei jedem Material und jedem Baustoff überprüft: Kann man den überhaupt verwenden? Wie entsorgen wir ihn? Ist er grundwasserneutral? Das spielt alles mit rein.
Entscheiden die Materialien, wie das Gelände aussehen wird – o der haben Sie schon im Vorfeld eine sehr konkrete Vorstellung?
Beides. Natürlich weiß ich, was ich tun möchte, aber auf der Recherche nach Materialien finde ich Dinge, die mich dazu inspirieren, auch etwas anderes zu machen.
Beim Festival ist das große Thema „Wasser“ – und bei Ihnen?
Ich könnte zwar ein Schwimmbecken aufbauen, aber wen interessiert das? Wenn ich baden möchte, fahre ich nicht zu Kampnagel. Das Thema Wasser ist natürlich vorhanden, von dort kommt man schnell auf Ressourcen, Nachhaltigkeit – und Recycling. Ich überlege mir, wie ich Materialien in ein individuelles Recycling verwandeln kann. Außerdem entnehme ich dem Recyclingprozess Materialen – zum Beispiel leere PET-Flaschen. Hinterher landen sie wieder dort, bleiben also im Prozess.
Liefern Sie die Hintergrundinformationen mit – oder soll die Gestaltung für sich selbst sprechen?
Für sich selbst. Die Leute sollen sich wohlfühlen und es schön finden und den Sommer genießen. Aber wenn ihnen auffällt, dass sich da jemand Gedanken gemacht hat und etwas Spannendes passiert – umso besser.
Sind Sie selbst während des Festivals immer vor Ort?
Ehrlich gesagt ja, ich genieße es. Ich werde auf meiner Wiese herumhängen und mich freuen, wenn es den Leuten gefällt.
Ist es nicht trotzdem schade, dass es nur von kurzer Dauer ist – und hinterher wieder alles abgebaut wird?
Das ist der Job. So habe ich es drei Jahre hintereinander gemacht und konnte das Gelände jedes Mal neu entwickeln und mich neu mit Themen auseinander setzen. Da ist schön. Außerdem wäre ich sonst ja irgendwann arbeitslos!